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Biometrische Merkmale

positionen

I. Einleitung

Biometrie beschäftigt sich mit der Vermessung quantitativer Merkmale von Lebewesen. Biometrische Daten, die unverwechselbar und dauerhaft einer Person zuzuordnen sind, ermöglichen deren nahezu eindeutige Identifikation. Solche Daten werden u.a. durch Fingerabdrücke, einen Irisscan, eine Stimmprobe oder die Gesichtsgeometrie gewonnen. Sie können digitalisiert und verschlüsselt werden und ermöglichen einen raschen Datenabgleich. Das äußere Erscheinungsbild einer Person kann sich verändern und eine Unterschrift nachgestellt werden, wodurch ein flüchtiger Prüfer leicht getäuscht werden kann. Die Speicherung biometrischer Merkmale kann vor solchen Irrtümern schützen.

Nach den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten am 11. September 2001 wurden weltweit verschiedene Forderungen nach einer Verbesserung der Dokumentensicherheit laut. Die Ereignisse waren Anlass dafür, die die Nutzung der biometrischen Merkmale zu Sicherheitszwecken, mit der sich bereits diverse Foren befasst hatten, zu beschleunigen.

2003 wurden von den technischen Ausschüssen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) Empfehlungen (ICAO “Blueprint”) verabschiedet. Für Reisepässe wurde u.a. eine weltweite Gesichtserkennung bei der maschinengestützten Identitätsbestätigung empfohlen, sowie die Verwendung eines kontaktlosen integrierten Schaltkreises (RFID-Chip) mit einer Mindestkapazität von 32 KByte als Speicherträger. Der Fingerabdruck und/ oder die Iriserkennung wurden als mögliche zusätzliche Identifikationsmerkmale festgelegt. Die Angleichung der Sicherheitsmerkmale und die Aufnahme biometrischer Indentifikatoren seien ein wichtiger Schritt im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen auf europäischer Ebene, die die Sicherheit von Reisedokumenten erhöhen sollen, indem sie eine verlässlichere Verbindung zwischen dem Inhaber und dem Pass/ Reisedokument herstellen und damit erheblich zum Schutz vor einer betrügerischen Verwendung beitrügen.

Der Europäische Rat hatte auf seiner Tagung vom 19./20. Juni 2003 in Thessaloniki bekräftigt, dass in der Europäischen Union ein kohärenter Ansatz in Bezug auf biometrische Indentifikatoren oder biometrische Daten für Dokumente für Drittstaatangehörige, Pässe für Bürger der Europäischen Union und Informationssysteme (VIS und SIS II) verfolgt werden muss.

Eine weitere treibende Kraft waren diverse Beschlüsse der Vereinigten Staaten, insbesondere in Bezug auf das “Visa Waiver Programme” (VWP). Die Vereinigten Staaten forderten, dass jeder Staat, der für die Teilnahme am VWP in Frage kommt , ab Oktober 2005 “als Bedingung für die Befreiung von der Visumspflicht oder deren Fortführung [nachweist], dass er über ein Programm zur Erteilung von Pässen an seine Staatsangehörigen verfügt, die maschinenlesbar und fälschungssicher sind sowie biometrische Identifikatoren enthalten, die den von der ICAO in Bezug auf solche Identifikatoren aufgestellten Normen entsprechen” .

Zum einen muss zwischen der Einführung biometrischer Identifikatoren in EU-Reisepässen und in Visa für Drittstaatsangehörige unterschieden werden. Darüber hinaus gibt es noch weitere Bereiche, in denen die Einführung biometrischer Merkmale angedacht oder bereits geltendes Recht ist.

II. Biometrische Merkmale in Reisedokumenten für EU-Bürger

1. Verordnung 2252/2004/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten

Die Verordnung ist am 18. Januar 2005 in Kraft getreten und sieht eine Kennung des Gesichtsbildes und der Fingerabdrücke vor. Die Einführung gemeinsamer Sicherheitsnormen ist im Zusammenhang mit dem Schengen-Besitzstand zu sehen und findet folglich keine Anwendung in den Mitgliedstaaten, die sich daran nicht beteiligen.

Während zunächst im Vorschlag der Kommission, zu dem das Europäische Parlament konsultiert wurde, nur die Einführung des Gesichtsbildes als verpflichtend vorgeschlagen wurde und Fingerabdrücke optional abgenommen werden konnten, beschloss der Rat am selben Tag, an dem der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hierzu seine Stellungnahme abgab, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, auch die Abnahme von Fingerabdrücken als biometrisches Merkmal verpflichtend einzuführen. Die Rechtsauffassung der Berichterstatter, dass das Parlament aufgrund einer entscheidenden Modifikation des ursprünglichen Vorschlages der Kommission erneut angerufen werden müsste, wurde seitens des parlamentarischen Rechtsdienstes nicht geteilt.

Als Rechtsgrundlage für die Aufnahme biometrischer Merkmale in Reisepässe und Ausweisdokumente dient in Deutschland “Das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus” (Terrorismusbekämpfungsgesetz – TBG) .

III. Biometrische Merkmale in Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige

1. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung 1683/95/EG des Rates über eine einheitliche Visagestaltung und gleichzeitig Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung 1030/2002/EG zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige

Am 13. Juni 2002 wurde mit dem Ziel der Harmonisierung der Gestaltung der von den Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen ausgestellten Aufenthaltstitel die Verordnung 1030/2002/EG des Rates zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige angenommen. Daraufhin unterbreitete die Kommission den oben genannten Vorschlag.

Bei der Prüfung technischer Einzelheiten ergaben sich verschiedene Probleme wegen der Interferenz zwischen mehreren kontaktlosen Chips sowie bezüglich der Frage nach dem anzuwendenden Format – Aufkleber oder eigenständiges Dokument. Das Europäische Parlament, zu diesen Vorschlägen konsultiert, äußerte bereits damals seine grundsätzlichen Zweifel an den vorgeschlagenen Maßnahmen. Die Kommission beschloss daher, den Vorschlag zur einheitlichen Visagestaltung zurückzuziehen, und erklärte sich bereit, nach Beseitigung aller technischen Unsicherheiten eine geänderte Fassung für eine einheitliche Gestaltung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige zu unterbreiten.

2. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung 1030/2002/EG zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige

Dieser neue Vorschlag bezieht sich auf die Einführung biometrischer Daten (Gesichtsbild und zwei Fingerabdrücke) in Aufenthaltstiteln, die als eigenständige Dokumente ausgestellt werden und maschinenlesbar sein müssen. Der Aufenthaltstitel wird während einer Übergangszeit von zwei Jahren nach Annahme der technischen Spezifikationen weiterhin in Aufkleberform ausgestellt werden. Ferner steht es den Mitgliedstaaten, die es wünschen, frei, in den Aufenthaltstitel in einem bestimmten Bereich gemäß der Beschreibung im Anhang des Vorschlags, einen für elektronische Dienste zu verwendenden Kontaktchip zu integrieren. Die mögliche Einbeziehung eines zusätzlichen Speichermediums zur nationalen Nutzung in die Aufenthaltstitel würde es gestatten, alle nationalen Entwicklungen im Bereich der Authentifizierung, Zertifizierung, digitalen Signatur und elektronischen Behördendienste für Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, zu berücksichtigen.

Dem Einsatz dieses Kontaktchips oder jeder anderen technisch möglichen Alternative in demselben Aufenthaltstitel, in dem auch biometrische Daten gespeichert sind, kann nur zugestimmt werden, wenn dieser den spezifischen Datenschutzbestimmungen entspricht und strikte Sicherheitsbestimmungen Berücksichtigung finden.

Die einheitliche Visagestaltung ist eng mit der Entwicklung des VIS verknüpft, einem System zum Austausch von Visadaten zwischen den Mitgliedstaaten auf der Grundlage einer gemeinsamen technischen Plattform mit dem Schengen Informationssystem II, und wird so auch im Rahmen des VIS-Systems behandelt. Aus Gründen der Kohärenz sollen hier die gleichen Sicherheitsmerkmale benutzt werden.

IV. Weitere Anwendungsfelder biometrischer Identifikatoren

Die Einführung, Verwendung und Übermittlung von biometrischen Identifikatoren spielt des Weiteren in folgenden Bereichen der ersten und dritten Säule der Europäischen Union eine Rolle: EURODAC , Schengen Informationssystem 2. Generation (SIS II) , Visa Informationssystem (VIS) , Konsularische Instruktionen zur Aufnahme biometrischer Identifikatoren , Visakodex und im Bereich der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit (Vertrag von Prüm) .

V. Schlussfolgerungen

Die FDP im EP nimmt eine kritische Haltung gegenüber der Einführung biometrischer Identifikatoren in Ausweisdokumente jeglicher Art ein. Angesichts der aktuellen Sicherheitslage wäre es jedoch weltfremd, sich in Gänze gegen Biometrie auszusprechen. Es ist wohl nicht länger zu verleugnen, dass auf biometrische Identifikatoren zur Stärkung des Sicherheitsbedürfnisses nicht mehr ganz verzichtet werden kann.

Insofern weigert sich die FDP im EP nicht fundamental gegen die Einführung dieses Sicherheitsmerkmals, wobei zwingend gleichzeitig bestimmte Schutzklauseln festgelegt werden müssen, die insbesondere den Zugang zu den Daten und den Zweck festlegen, zu dem die betreffenden Daten erhoben werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass biometrische Identifikatoren nur zum Abgleich der Identität des Inhabers des Dokuments und der Dokumentenechtheit genutzt werden dürfen. In Visa dürfen keine weiteren Informationen auf dem Chip gespeichert werden. Die Verwendung biometrischer Identifikatoren sollte im Rahmen des VIS nicht zu einer “one-to-many”, sondern nur zu einer “one-to-one”-Abfrage führen.

Jedes einzelne diesbezügliche Gesetzesvorhaben muss jedoch auf seine Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden. Die die bürgerlichen Freiheiten einschränkenden Normen müssen angemessen sein.

Die FDP im EP hat sich im Rahmen des Vorschlags zur Einführung biometrischer Merkmale in Visa für Drittstaatsangehörige dafür eingesetzt, nur ein biometrisches Merkmal als verpflichtend für die Mitgliedstaaten festzuschreiben. Ein weiterer Identifikator ist auch zur Erfüllung der ICAO Standards nicht erforderlich und wurde seitens der USA im Rahmen des VWP auch nicht gefordert. Insofern geht die FDP im EP davon aus, dass die zusätzliche Speicherung eines weiteren Merkmals unverhältnismäßig ist und für den Bürger einen unnötigen Grundrechtseingriff darstellt.

Während in einigen Mitgliedstaaten die Abnahme von Fingerabdrücken für Personalausweise vorgesehen ist, ist in den meisten Mitgliedstaaten die Abnahme von Fingerabdrücken nur im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zulässig. Eine Harmonisierung diesbezüglich sieht die FDP im EP daher als problematisch an. Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht hat die FDP im EP Bedenken. Die Abnahme von Fingerabdrücken ist im Zusammenhang mit Art.8 EMRK nur in besonderen Ausnahmefällen zu rechtfertigen, z.B. zur Überführung von Straftätern.

Des Weiteren muss klargestellt sein, dass die Datenermittlung und -übermittlung ausdrücklich dem Schutz der sog. Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) unterliegt und der Rahmenbeschluss zum Datenschutz in der dritten Säule endlich vom Rat verabschiedet werden muss.

Schließlich ist nach wie vor nicht schlüssig, wer die Kosten für die Einführung dieser Sicherheitsmerkmale übernehmen wird.

Die FDP im EP erwartet gerade mit Blick auf die Nutzung neuer Technologien, dass die Bürger zum einen über die Risiken einer Datenspeicherung aufgeklärt werden und zum anderen sichergestellt sein muss, dass der Zugriff auf die Daten durch einen PIN geschützt ist. Der Bürger sollte darüber hinaus jederzeit die Möglichkeit haben, den Datenträger, auf dem seine Daten gespeichert sind, auszulesen. Schließlich muss der Zweck der Datenspeicherung begrenzt und genau definiert sein. Die Einschränkung von Grundrechten und in diesem Fall das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung kann nur durch präzise, klar und jedermann nachvollziehbare Regelungen eingeschränkt werden. Der Gefahr, dass vorhandene Daten auch zu anderen als den ursprünglich angegebenen Zwecken verwendet werden, muss ins Auge gesehen werden.

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